Donnerstag, 14. Februar 2008

Wie sag ich's meinem Kinde?

Nein es geht hier nicht um meine Tochter.

Es geht um eine Diskussion in einem nicht Trans*spezifischen Forum in dem die Frage gestellt wurde ob der Körper oder der Geist geschlechtsbestimmend sei.
Dies Frage wurde schnell als so nicht zu beantworten relativiert - das Körper und Geist nie unabhängig voneinander agieren oder auch nur bestehen können.

Im Verlauf haben sich viele Teilnehmer mit der Frage aus ihrer eigenen Sicht beschäftigt. Ein paar Vorurteilsklopfer gab es auch - aber im großen und ganzen waren viele nachdenkliche Postings dabei - und viele ehrliche und verwunderte Fragen von Menschen, die sich die Frage des Geschlechts aufgrund der überwiegenden Übereinstimmung von Körper und Geist noch nie stellen mussten.

Ein Posting zum Thema TS/IS und fiel mir dabei auf. Hier in Auszügen:

(...) Der Ansatzpunkt, der mir hier zu kurz kam, ist der, gar nicht an (mutmasslichen) Variablen zu drehen, sondern vielmehr sein Leben anzunehmen, schlicht anzunehmen.
Ich weiss aus eigener Lebenserfahrung, dass eine der massgeblichen Lebenskünste die ist, sich anzunehmen, das was man erlebt anzunehmen und auch die positive Seite zu sehen. Denn nichts, nicht einmal der Teufel der Christen ist NUR schlecht.(...)
Wenn wir auf Lösungen von aussen hoffen, z.B. durch technische Möglichkeiten, nehmen wir zugleich eine Abhängigkeit und eine unerfreuliche Perspektive in Kauf, die nämlich, uns, (..), als benachteiligt wahrzunehmen, als wenig agibel und in der Not, auf Lösung zu hoffen.(...)

Ich kann diesen Ansatzpunkt ziemlich gut verstehen - ich hätte ihn wohl vor ein paar Jahren so auch noch vertreten - manchmal ändern sich die Sichtweisen. Ich schrieb folgendes dazu:


das mit dem eben mal annehmen.... schwierige Geschichte - ich schätze mal so wie du das meintest kann ich es nicht sehen. Einfach mal annehmen, liest sich für mich nach: Guck in den Spiegel und jetzt sei was du siehst.

Annehmen heißt für mich: Guck in den Spiegel und sei was du bist - ABER guck dabei auch mal nach innen und fühle was du bist.
In den Spiegel zu schauen heißt für mich oft etwas zu sehen, was nicht meinem Bild von mir (!) entspricht - dabei geht es nicht um Schönheitsideale - dabei geht es um Verwundertsein - nochmal hingucken - achja, so siehst du ja aus! Das Gesamtbild ist nicht stimmig - mein Körper hat optisch ein paar grundsätzlich andere Merkmale als er gefühlt von innen hat - und das ist schon sehr lange Zeit so - beim Blick in den Spiegel und beim Blick auf Fotos.

Das Annehmen in deiner Variante habe ich probiert - viele Jahre. Mit Vehemenz, mit Energie, mit Autosuggestion - und ich bin gescheitert. Dabei habe ich mich nie als besonders leidend oder benachteiligt empfunden - sondern eher versucht mit der Diskrepanz als zu mir gehörig zu leben.

Nur ein paar Monate hat es gedauert mich wesentlich stimmiger zu fühlen, als ich nicht mehr versucht habe das Körperaußenbild mit dem Körperinnenbild in Einklang zu bringen. Als ich mir zugestanden habe mich fühlen zu dürfen wie ich will - auch wenn der Spiegel etwas anderes sagt. Gelernt habe ich dabei, dass ich meinen Körper mag, dass ich ihn schätze als mein Zuhause und dass es der einzige ist den ich habe. Mit diesem gilt es pfleglich und sorgsam umzugehen - eine Menge positives. Das hat etwas mit Annehmen zu tun.

Auf der anderen Seite bleibt die Diskrepanz natürlich bestehen - auch das führt nicht dazu, dass ich mich als besonders leidend oder bedauernswert empfinde - im Gegenteil - es ist eine Erleichterung, dass ich weiß was die ganze Zeit nur als nagend und störend immer wieder in mein Leben einbrach. Ich sehe es als meine ureigenste Entscheidung an, zu überlegen ob und wenn ja von welchen medizinischen Möglichkeiten ich Gebrauch machen möchte, die die moderne Medizin heute bietet.**

Ich habe nämlich, wie du ganz richtig sagtest nur mich - und das nur einmal, nach 40 Jahren zähneknirschend aktzeptieren und "annehmen" nehme ich mir das Recht heraus zu verändern und auf ein völlig andere Art anzunehmen was ich bin und wer ich bin.
Dazu brauche ich weder Mitleid noch Bewunderung - was aber ganz nett wäre, wäre der Freiraum mein Leben zu gestalten ohne mich zu erklären oder rechtfertigen zu müssen.



**[Dass dazu ein bestimmter Weg in diesem Lande eingehalten werden muss halte ich prinzipiell (d.h. nicht dass ich das TSG in allen Punkten für richtig halte) für sinnvoll.]

Beim Schreiben habe ich gemerkt wie schwierig es ist, das innere Erleben jemandem zu beschreiben, der nicht ähnliches erlebt. Das Verstehen bleibt an der Oberfläche - so wie ich es auch bei Freunden erlebe - was vonnöten ist ist schlichtweg Aktzeptanz - so wie ich es auch bei meinen Freunden erleben. Das würde ich mir wünschen.

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