Freitag, 20. Juli 2007

Ruhiges Wasser

Ein wenig ruhiger ist es in mir geworden in den letzten Tagen und Wochen. Durchatmen! Ich bin froh darum, denn das ständige Kreisen um ein und dasselbe Thema - täglich und mehrfach - hat mich immens angestrengt. Es hat mich unruhig und rastlos und gleichzeitig müde gemacht. Daneben fordert der Alltag gerade auch nicht wenig von mir.

Nach den Stromschnellen durch die ich gefühlsmäßig seit Mitte März mehr trudle denn fahre scheine ich nun wirklich in ruhigeres Wasser gelangt zu sein.
Unter anderem tut es mir gut mich auf den Urlaub zu freuen - voraussichtlich werde ich meinen kleinen Flitzer einfach gemütlich bepacken und mit Zelt und guter Musik alleine gen Süden fahren. Die letzten Jahre hatte ich diesen Gedanken immer mal wieder und habe ihn zu guterletzt doch verworfen - vielleicht auch weil ich Angst habe mit mir alleine zu sein.

Dieses Jahr fragte ich mich, ob ich ans Meer fahren kann - so wie ich bin, ob ich baden gehen mag - so wie ich bin. Ich bin zu dem Schluss gekommen - dem Meer ist es egal, wie ich bin - und ich liebe das Meer. Ich will es riechen, und sehen, hören und gleich nach der Ankunft begrüßen und mit meinen Füßen und Händen hineingreifen, die Wellen mich umspülen lassen, das Salz schmecken.... Ich will es morgens zuerst hören und riechen, dann sehen - und mich freuen, einfach so bei dem Blick übers Wasser gleiten lassen und den Kieseln beim Kullern zuhören, die Schiffe und Boote vorübergleiten lassen und lächeln wenn Kinder toben und lachen. Morgens aus dem Zelt krabbeln und der ganze Tag ist Freizeit. Kaffee kochen und Tagebuch schreiben, lesen - ein wenig einkaufen fürs improvisierte Abendessen - und an den ersten Tagen ganz viel schlafen und dösen.

Dies alles ist so herrlich unabhängig von all dem Gedankenchaos, das mich begleitet - ist weder männlich noch weiblich - sondern einfach nur schön.

So fühle ich mich in letzter Zeit eher nur präsent - nicht als Mann oder Frau - auch wenn immer wieder das eine oder andere aufblitzt und durch meine Gedanken schießt. Die Mädelsklamotten liegen immer noch im Schrank - was ich ein wenig bedaure, an den heißen Tagen, aber die Versuche sie zu tragen sind gescheitert. Also bleibts bei neutralen oder männlichen Klamotten - in denen ich mich wohlfühle - und in denen niemand etwas anderes sieht als mich, so wie er mich immer kannte. Keine Kommentare, keine komischen Blicke, und ich fühl mich gut.
Lediglich Menschen die mich wenig kennen reagieren irgendwie - vor allem auf Arbeit, wo man mich überwiegend in Dienstkleidung kennt. So bekam ich heute ein "schick, schick" von einer neuen Mitarbeiterin. Ich hab mich artig bedankt und mich gefreut - ich fand mich auch schick.

Es ist gutes Fahrwasser im Moment, weil ich bei langsamer Fahrt besser nachdenken und nachspüren kann, und weil ich nicht dauernd denke, ich müsse etwas unternehmen. Ein letzter Zyklus mit vielen Arbeitstagen am Stück trennt mich noch vom langersehnten Urlaub. Es tut gut, mich mutig zu fühlen - es tut sehr gut, mich weniger verletztlich zu fühlen, weil ich nicht als Frau alleine reise - sondern als Mensch. Das ist ein langersehntes Selbstverständlichkeitsgefühl. Schön, dass es sich langsam und leise, aber stetig in mein Leben schleicht.

So mag ich gerne noch ein wenig in ruhigem Wasser fahren.

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