Freitag, 4. Mai 2007

schwarz-weiße Textilreise

Heute, als hier der Bär tobte, kam ich ganz unvermittelt dazu meinen Kleiderschrank endlich auszumisten. Eigentlich wollte ich das schon vor Monanten tun - wie man eben so vieles eigentlich tun möchte.
Dabei fielen mir eine Menge Kleider in die Hände, die schon diverse Male dem Altkleidersack entgangen waren. Manche, weil ich glaube sie doch noch einmal anzuziehen, manche aus rein nostalgischen Gründen, weil sie mich zum Beispiel an alte (gute) Zeiten erinnern. Manche weil ich sie gekauft hatte in der Absicht sie zu tragen und sie dann nur einmal bis zweimal anhatte - so wie das Kleid, das mir hier gerade noch so passt. In Wirklichkeit ist es hellgelb und ich habe es mal für eine Hochzeitsfeier gekauft. Danach hatte ich es nur noch einmal an - und so hing es viele Jahre gehütet im Schrank. Meine Tochter trug es einmal zu Fasching und ich räumte es von einer Ecke in die nächste. Irgendwie immer in der Hoffnung dieses Kleid würde mir noch einmal das geben, was ich ihm zugeschrieben hatte: die gefühlte Leichtigkeit, Unbeschwertheit - ein gleitendes leicht schwebendes Körpergefühl - und diese Gefühle würden sich auf mich übertragen.
An der Hochzeitsfeier verhinderten leider Blasen an den Füßen jegliches Wohlfühlgefühl.

Also habe ich es nocheinmal angezogen - ich habe zugenommen - es passt nicht mehr wirklich - ich bin endgültig rausgewachsen.... und ich habe ein Photo gemacht - das nicht wiederspiegelt, was ich fühlte als ich dieses Photo machte. Das Kleid wanderte zurück in eine dunkel Ecke des Kleiderschranks - und wartet darauf, dass ich mich von dem erhofften elfengleichen Gefühl verabschieden kann - oder es in einem Anfall von Gründlichkeit dann doch kurzentschlossen in den Sack packe.

Da war ich nun schon mal beim Bilder machen war gabs gleich noch ein paar Fotos mit Lieblingsstücken und Fundstücken und mit den Mädchenkleidern in die ich es die letzten Wochen nie geschafft hatte - in der Sicherheit einer geschlossenen Zimmertür - und einer freien weißen Wand als Hintergrund, weil die Couch für die große Party heute ins Wohnzimmer umziehen musste. Bild zwei ist dann die geliebte weiße Jeans, die ich vor zwei Wochen aus der Männerabteilung gefischt habe - und die seitdem an mir festgewachsen ist. Das Bild sieht so aus, wie ich mich fühle - es gefällt mir von der Serie mit am besten.

Danach dann das Kontrastprogramm und meine Hommage an die Uniform - auch wenn es sich "nur" um eine scharze Cargohose handelt und eine schwarzes Hemd - aber immerhin aus einem "Armyshop" in Berlin und immerhin von meiner Liebsten geschenkt bekommen.
Auch dieses Bild entspricht in ungefähr dem was ich davon erwartet habe. Sieht ein bißchen nach Kampflesbe aus, aber daran lässt sich mit dem Outfit wohl nix ändern. Auch wenn es sich hierbei nur um "Theaterklamotte" handelt, also um Kleider, die ichm, zumindest in dieser Kombination, nicht in der Öffentlichkeit trage - sondern nur für Rollenspiele - so vermittelt sie mir doch ein ganz klares Körpergefühl- immer und zuverlässig - das ich sehr gerne mag.



Dann, weil ich schon mal dabei war, noch zwei Mädchenbilder, einfach weil es mich
interessierte wie sie aussehen, wie ich aussehe, wie ich denke dass ich aussehen müsste. Auch diese Bilder gefallen mir nicht - ich gefalle mir nicht - wie eigentlich fast immer auf solchen Bildern - ich bin darauf nicht der Mensch als der ich mich fühle. Auch wenn immer wieder freudiges Erstauenen kommt: Oh, du hast ja einen Rock an - toll, steht dir gut. Ja und? Ich hab öfter Röcke an - sag ich dann, im Sommer - das stimmt, und doch meide ich Spiegel und Schaufenster und Fotoaparate. Das Gefühl stimmt, solange ich mich darin frei bewegen kann und nicht auf unbequemen Schuhen daher stöckeln oder staksen muss, aber das Bild stimmt selten.
Gerade allerdings sind die Sachen ganz schnell nach den Beweisphotos wieder in den Schrank gewandert und es gab wieder was zum Wohlfühlen zum Abschluss, was dann auch wieder ein für mich stimmiges Bild gegeben hat.

Schwarze Hose und weißes Hemd beides aus der Männerabteilung. Wegen des Hemdes wurde ich vor einiger Zeit gefragt wo ich es herhabe, die Fragestellerin habe die gleiche Bluse in Türkis. Ich bin ziemlich heftig geworden und sagte es sei keine Bluse. Ja aber sie habe die gleiche. Ich wunderte mich im nachhinein über mich selbst, dass ich darauf hinweisen musste, dass dieses HEMD aus der Männerabteiung von New Yorker ist - und bestimmt KEINE Bluse.

Es war ein ziemliches Wechselbad der Gefühle die Reise durch meinen Kleiderschrank heute - und vielleicht - wenn sich die Eindrück gesetzt haben - erwächst darauf eine kleine Erkenntnis über das was ich bin - und darüber wie ich dies glücklich und stimmig nach außen transprotieren kann. Vielleicht haben es ja dann andere auch nicht mehr so schwer mit mir - und ich es nicht mehr so schwer damit bei anderen nicht anzuecken.

So macht man an manchen Tagen ganz unverhofft ein weite Reise.




4 Kommentare:

  1. Ui, jetzt füllt es sich hier aber rasant bei dir. Vielleicht musstest du es nur erst mal aussprechen/aufschreiben, um nun auch die vielen anderen Gedanken, die dir wohl im Kopf rumwirbeln jetzt hier loszulassen.

    Deine neuen Bilder sind mir eben schon in der Com aufgefallen :-)

    Manchmal braucht es seine Zeit, um wirklich etwas loslassen, wegschmeissen, verschenken zu können. Und deine Kleider bleiben dir also noch ein bisserl.
    Im übrigen, wer hält dich davon ab, die Kleider genau so zu tragen, wie du dich damit wohlfühlst? Z.B. barfuss oder auch mit Stiefeln kombiniert? Ich finde es das Wichtigste überhaupt, dass du dich mit deinem Outfit wohlfühlst.
    Vielleicht wirst du auch weniger das Gefühl haben, anzuecken, wenn du erst mal mit dir selber im Reinen bist, bzw. wird es dir dann egal sein, ob sich andere an deinen "Ecken" stoßen.

    Einen lieben Gruß
    Constanze

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  2. Vielen Dank - genau so ist es - das Aufschreiben sortiert, und es ist nachlesbar.

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  3. Wow..das hab ich mich nicht getraut. Ich erinnere mich auch meinen Kleiderschrank ausgemistet zu haben.
    Dadrin befanden sich auch drei Kleider und 5 Röcke. Angezogen hab ich sie nicht mehr...irgendwie hatte ich regelrecht Angst davor.

    Aber verschenkt hab ich sie an meine Cousine, an eine Freundin etc. Zum Wegschmeißen waren sie mir dann doch irgendwie zu schade.

    Gruss Lukas

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  4. Hi Lukas,

    ob es soviel Mut brauchte weiß ich nicht - da ich noch gar nicht weiß wo es hingeht mit mir. Gerade versuche ich mir selbst erst einmal ein Bild von mir zu machen ;) - und dazu muss ich ein paar Wege gehen - ganz bewußt , weil ich nur dann herausfinden kann war der richtige ist.

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