Freitag, 19. Februar 2010

Gender-Reservate

Es gibt in der modernen Gesellschaft nur noch wenige Orte an denen jeweils nur eine Hälfte der Menschheit Zutritt hat. Öffentliche Toilettenanlagen und Umkleidekabinen gehören dazu.

Hier erwartet Mann ausschließlich Mann anzutreffen und Frau ausschließlich Frau. Ausnahmen sind die Klofrau oder der Klomann, die um ihren Aufgaben nachkommen zu können beide Reservate betreten dürfen. Eine weitere Ausnahme stellen kleine Kinder dar - vor allem ganz kleine Kinder, weil klein Bübchen auf dem Wickeltisch in den Sanitärräumen für Frauen frisch gemacht wird genauso wie sein Schwesterchen, umgekehrt ist dies fast niemals der Fall - und klein Schwesterchen wird die Sanitäranlagen für Männer kaum je zu Gesicht bekommen. Problem für den Vater, der mit seinen Kindern alleine unterwegs ist - aber das ist ein anderes Thema.

Ich meide öffentliche Toilettenanlagen inzwischen, weil ich die Irritationen die ich auslöse nicht mag. Natürlich ist es lustig, wenn ich auf der Damentoilette wartend beobachten kann wie die drei nachfolgenden Damen erst noch einmal nachschauen ob sie auch richtig sind, aber eigentlich suche ich keine Sanitäranlagen auf um mich zu amüsieren - ich will dort nur einem ziemlich schnöden Geschäft nachgehen.
Auf den Herrentoiletten fühle ICH mich nicht wohl, weil ich um meinen Körper weiß und der nun mal nicht dem Standard für diesen Ort entspricht.
Ergebnis: Im Kino lieber nichts trinken und später zuhause den dringlichen Bedürfnissen nachgehen.

Da ich weder Sauna (auch je nach Sauna und Saunatag ein Gender-Reservat) noch öffentliche Schwimbäder frequentiere entfällt das Problem Umkleidekabine für mich weitgehend. Lediglich im Fitnessstudio mute ich mich den Frauen zu, irritierte Blicke gibt es beim Betreten der Umkleide immer mal wieder - und es ist mir unangenehm, dass wohl manche Frau, die da nach dem Duschen sich gerade abtrocknet einen kleinen Schreckmoment lang sich nicht sicher ist ob Männlein oder Weiblein gerade zur Tür hereingekommen ist. Es tut mir leid, ich möchte das nicht - aber ich kann es nicht ändern.
Denn die Männerumkleide empfände ich als Zumutung für mich, mehr als für die Männer, da mein Körper eben so eindeutig weiblich ist.

Es ist lästig - und es wird zunehmend lästiger. Bei aller Gelassenheit, die ich mir verordnet habe, ist es eben doch ein Thema ob man als zugehörig eingestuft wird wenn man einen Raum betritt, der nicht allen offen steht, da helfen alle Konstrukte um inneres Fühlen und daraus abgeleitetes Sein nicht weiter.

3 Kommentare:

  1. Aufgrund meiner eigenen Erfahrung aus vielen Jahren als MzF-Transgender empfehle ich dir, die Räume zu betreten, die für Dich stimmen. Und zerbreche dir nicht den Kopf der Anderen. Oder ist schon irgendwas wirklich dramatisches passiert? Außerdem wirst du im Laufe der Zeit erleben, daß dieses PROBLEM keines mehr ist (und eigentlich auch nie war). Ich wünsche dir viel Erfolg auf deinem Transweg! Claudia

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  2. Das ist ja das Thema, es gibt im Moment keine für mich wirklich stimmigen Räume in dieser Hinsicht.. d.h. das Aufsuchen einer öffentlichen Toilette ist immer irgendwie mit Stress verbunden, mit meinem Stress, nicht mit dem den andere machen, wohlgemerkt. Dass das so ist habe ich selbst mit Staunen bemerkt - ich hätte dies nicht von mir erwartet.

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  3. Ja - das ist wirklich ein seltsamer Anachronismus - genauso anachronistisch ist mE, dass man Männern zumutet, praktisch unter den abschätzenden Augen ihrer Geschlechtsgenossen ihr Wasser abzuschlagen - Frauen setzt man für das kleine Geschäft ja schließlich auch nicht wie Hühner auf die Stange.
    Ich jedenfalls habe diese absurden Pinkelbecken oder -rinnen von klein auf nicht benutzen mögen - nicht zuletzt, weil es da kein Klopapier gibt. Was ich immer extrem eklig fand.
    Intimsphäre - für Frauen wie für Männer - finde ich schon schön und wichtig... Aber die ließe sich doch auch in von beiden Geschlechtern genutzten Klos oder Umkleiden herstellen?
    Ich kann Dein Unbehagen jedenfalls sehr gut nachempfinden...

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