Gestern abend wollte ich seit Ewigkeiten mal wieder mit meiner Freundin ausgehen. Die Lust ging ziemlich flöten, nach dem der Tag mit einer Mirgräneattacke begann und sich mit Madenbefall im Müsli fortsetzte. Aber nach einem Telefonat mit A. meinte diese, sie würde mich so lange nerven bis ich doch mitgehe.
Also hab ich mich aufgerafft, stand irgendwann ewig vorm Kleiderschrank. Das neue weiße Hemd mit den schwarzen Streifen und dem coolen Schriftzug auf dem Rücken, die grüne Jeans, die schwarze Jeans, die blaue Jeans, mit Pulli, ohne Pulli, mit dem anderen Pulli.... Manche Dinge ändern sich nie. Mich in den Binder gequält... tausend Schichten, aber die Silhouette im Spiegel... ja das hat was! Schließlich eine Entscheidung getroffen - ok, wenn ich heute ausgehe, dann so.
Ich war ein wenig in Sorge, dass ich keine Luft mehr kriege in dem engen Teil, dass ich es nervig finde und auf dem versifften Klo mich rauswurschteln muss - und auch, dass ich komisch angeguckt werde. Das jemand sagt: "Für ne Frau siehst du aber echt Scheiße aus" - und ich nicht weiß wie ich reagieren soll. A. Bekannter T. nebst neuer Freundin hatte sich offensichtlich auch angesagt - würde der komisch gucken? Ich bin noch nicht so weit - bis zu einem echten Coming out im weiteren Bekanntenkreis dauert es noch eine Weile.
Der Laden, ein Club in K. hat immer ein etwas älteres Publikum, man fällt dort mit 40 nicht auf. Die Musik ist selten meine Kragenweite und für meinen Geschmack immer etwas strange, aber die Athmosphäre stimmt. Man braucht nicht gestylt zu sein, alles wirkt so ein bißchen schmuddelig und die sich ständig wandelnde Deko lässt die Blicke schweifen und immer mal wieder was neues entdecken. Eintritt und Getränkepreise sind moderat, das Publikukm bunt gemischt, alles ist zu sehen außer topaktuell gestylt.
Ich setzte mich zunächst an die Bar und warte auf meine Freundin. Ich fühle mich sicher. Später reden wir, tauschen aus was alles passiert ist, wir haben uns so lange nicht gesehen - und noch länger waren wir gemeinsam nicht mehr aus. Sie sagt mir ich hätte mich verändert - also nicht gefühlt, aber sichtbar. Sie würde es an den Reaktionen der Männer merken. "Ich bin sicher!" sagt sie, "ich bin schon in Begleitung eines Mannes hier"und lacht. A. hat keine Angst vor Männern, A. ist ein Eyecatcher mit einer sehr selbstwußten weiblichen Ausstrahlung.
Ich besuche den neuen Innenhof für die Suchtkranken (Raucher) - und stehe dort und schaue mich um, während mein Geld sich in Rauch auflöst. Es ist anders. Ich werde nicht angeschaut - und wenn, dann nicht abschätzend von oben nach unten, er wird keine "Tauglichkeit" ermittelt. Ich stehe einfach da und rauche.
Beim Gang durch die Menge um ein Getränk zu holen geht es mir in einer Weise gut, die ich gar nicht beschreiben kann. Ich habe mich nie unsicher im Sinne von ängstlich gefühlt - nur eben irgendwie komisch, immer bereit mich zu verteidigen, gegen Blicke, gegen Worte. Diesmal kann ich festen Schrittes durch die Menschen meinen Weg finden um z.B. ein Getränk zu holen. Ich kann sein - ich werde nicht taxiert, die Blicke die ich erhalte sind entweder desinteressiert oder irritiert, damit kann ich viel besser umgehen. Beim ersten Gang auf die (Damen-)Toilette - ich passe ja nicht, wie ich schon mal schrieb - bekomme ich nur einen irritiert verunsicherten Blick ab. Beim zweiten Mal schaut mich ein Mädel etwas schüchtern von unten an und murmelt ".. du bist wohl... falsch .. hier?!" Meine Stimme beruhigt sie dann, aber verunsichert wirkt sie trotzdem. Beim Verlassen kommen mir dann zwei Frauen entgegen, die die Außentür nochmal schließen und sich die Beschriftung genau ansehen. Ich hab's nicht richtig gestellt.
Innerlich auf Wolken schwebend kehre ich zu meiner Freundin zurück - Daumen nach oben und glücklich - und erzähle. Sie lacht und erzählt mir, alle ihre Bekannten, die mich nicht kennen, hätten sie gefragt, wer denn der junge (ich lach mich wech) Mann sei, den sie dabei hätte - durch die Bank ALLE. Ich fühl mich einfach nur sauwohl!
A. sagt mir, dass für sie alles so ist wie immer - wir sind schon seit über 10 Jahren befreundet - sie empfindet mich nicht als anders, aber sie kann die Sicht von außen wahrnehmen, den Blick des Fremden wagen und sie sieht nicht die L. die sie kennenlernte. Es ist ein durch und durch gelungener Abend und ich fahre sehr beschwingt nach Hause.
Heute beim reflektieren habe ich den Unterschied herausfühlen können. Ich habe mich nicht anders gefühlt als ich mich sonst fühle. Diese verworrenen Gedanken der letzten Zeit, dass ich mich weder als Mann noch als Frau sehen kann, kein Gefühl dazu habe, waren an diesem Abend nicht relevant. Ich habe mich gefühlt wie ich. Das machte mich sicher in meinem Auftreten, das machte mich sehr frei im umherschauen und Blicken begegnen.
Im Vergleich mit anderen Abenden als Frau in derselben Lokation, war es selbstverständlicher zu sein. Die Irritationen die ich hervorgerufen habe, haben mich weniger verunsichert, als das Wahrgenommen werden und bewertet werden als Frau. Der Unsicherheitsfaktor als "komisches Wesen", als sehr männliche Frau oder als "ist das jetzt ein Kerl oder nicht" wahrgenommen zu werden hat mich weniger betroffen, als die Blicke die mir als Frau zu anderen Gelegenheiten galten.
Ein sehr gelungener Abend, auch wenn ich diesen Passingerfolg zu nicht unerheblichen Teilen dem Schummerlicht und der lauten Musik zu verdanken habe. Ein Erlebnis das ich unbedingt wiederholen möchte - ich fühlte mich so in mir zuhause, ohne dass ich mich anders denken musste. Es war selbstverständlich so zu sein.
DER Mann kriegt mal wieder Ausgang.
Also hab ich mich aufgerafft, stand irgendwann ewig vorm Kleiderschrank. Das neue weiße Hemd mit den schwarzen Streifen und dem coolen Schriftzug auf dem Rücken, die grüne Jeans, die schwarze Jeans, die blaue Jeans, mit Pulli, ohne Pulli, mit dem anderen Pulli.... Manche Dinge ändern sich nie. Mich in den Binder gequält... tausend Schichten, aber die Silhouette im Spiegel... ja das hat was! Schließlich eine Entscheidung getroffen - ok, wenn ich heute ausgehe, dann so.
Ich war ein wenig in Sorge, dass ich keine Luft mehr kriege in dem engen Teil, dass ich es nervig finde und auf dem versifften Klo mich rauswurschteln muss - und auch, dass ich komisch angeguckt werde. Das jemand sagt: "Für ne Frau siehst du aber echt Scheiße aus" - und ich nicht weiß wie ich reagieren soll. A. Bekannter T. nebst neuer Freundin hatte sich offensichtlich auch angesagt - würde der komisch gucken? Ich bin noch nicht so weit - bis zu einem echten Coming out im weiteren Bekanntenkreis dauert es noch eine Weile.
Der Laden, ein Club in K. hat immer ein etwas älteres Publikum, man fällt dort mit 40 nicht auf. Die Musik ist selten meine Kragenweite und für meinen Geschmack immer etwas strange, aber die Athmosphäre stimmt. Man braucht nicht gestylt zu sein, alles wirkt so ein bißchen schmuddelig und die sich ständig wandelnde Deko lässt die Blicke schweifen und immer mal wieder was neues entdecken. Eintritt und Getränkepreise sind moderat, das Publikukm bunt gemischt, alles ist zu sehen außer topaktuell gestylt.
Ich setzte mich zunächst an die Bar und warte auf meine Freundin. Ich fühle mich sicher. Später reden wir, tauschen aus was alles passiert ist, wir haben uns so lange nicht gesehen - und noch länger waren wir gemeinsam nicht mehr aus. Sie sagt mir ich hätte mich verändert - also nicht gefühlt, aber sichtbar. Sie würde es an den Reaktionen der Männer merken. "Ich bin sicher!" sagt sie, "ich bin schon in Begleitung eines Mannes hier"und lacht. A. hat keine Angst vor Männern, A. ist ein Eyecatcher mit einer sehr selbstwußten weiblichen Ausstrahlung.
Ich besuche den neuen Innenhof für die Suchtkranken (Raucher) - und stehe dort und schaue mich um, während mein Geld sich in Rauch auflöst. Es ist anders. Ich werde nicht angeschaut - und wenn, dann nicht abschätzend von oben nach unten, er wird keine "Tauglichkeit" ermittelt. Ich stehe einfach da und rauche.
Beim Gang durch die Menge um ein Getränk zu holen geht es mir in einer Weise gut, die ich gar nicht beschreiben kann. Ich habe mich nie unsicher im Sinne von ängstlich gefühlt - nur eben irgendwie komisch, immer bereit mich zu verteidigen, gegen Blicke, gegen Worte. Diesmal kann ich festen Schrittes durch die Menschen meinen Weg finden um z.B. ein Getränk zu holen. Ich kann sein - ich werde nicht taxiert, die Blicke die ich erhalte sind entweder desinteressiert oder irritiert, damit kann ich viel besser umgehen. Beim ersten Gang auf die (Damen-)Toilette - ich passe ja nicht, wie ich schon mal schrieb - bekomme ich nur einen irritiert verunsicherten Blick ab. Beim zweiten Mal schaut mich ein Mädel etwas schüchtern von unten an und murmelt ".. du bist wohl... falsch .. hier?!" Meine Stimme beruhigt sie dann, aber verunsichert wirkt sie trotzdem. Beim Verlassen kommen mir dann zwei Frauen entgegen, die die Außentür nochmal schließen und sich die Beschriftung genau ansehen. Ich hab's nicht richtig gestellt.
Innerlich auf Wolken schwebend kehre ich zu meiner Freundin zurück - Daumen nach oben und glücklich - und erzähle. Sie lacht und erzählt mir, alle ihre Bekannten, die mich nicht kennen, hätten sie gefragt, wer denn der junge (ich lach mich wech) Mann sei, den sie dabei hätte - durch die Bank ALLE. Ich fühl mich einfach nur sauwohl!
A. sagt mir, dass für sie alles so ist wie immer - wir sind schon seit über 10 Jahren befreundet - sie empfindet mich nicht als anders, aber sie kann die Sicht von außen wahrnehmen, den Blick des Fremden wagen und sie sieht nicht die L. die sie kennenlernte. Es ist ein durch und durch gelungener Abend und ich fahre sehr beschwingt nach Hause.
Heute beim reflektieren habe ich den Unterschied herausfühlen können. Ich habe mich nicht anders gefühlt als ich mich sonst fühle. Diese verworrenen Gedanken der letzten Zeit, dass ich mich weder als Mann noch als Frau sehen kann, kein Gefühl dazu habe, waren an diesem Abend nicht relevant. Ich habe mich gefühlt wie ich. Das machte mich sicher in meinem Auftreten, das machte mich sehr frei im umherschauen und Blicken begegnen.
Im Vergleich mit anderen Abenden als Frau in derselben Lokation, war es selbstverständlicher zu sein. Die Irritationen die ich hervorgerufen habe, haben mich weniger verunsichert, als das Wahrgenommen werden und bewertet werden als Frau. Der Unsicherheitsfaktor als "komisches Wesen", als sehr männliche Frau oder als "ist das jetzt ein Kerl oder nicht" wahrgenommen zu werden hat mich weniger betroffen, als die Blicke die mir als Frau zu anderen Gelegenheiten galten.
Ein sehr gelungener Abend, auch wenn ich diesen Passingerfolg zu nicht unerheblichen Teilen dem Schummerlicht und der lauten Musik zu verdanken habe. Ein Erlebnis das ich unbedingt wiederholen möchte - ich fühlte mich so in mir zuhause, ohne dass ich mich anders denken musste. Es war selbstverständlich so zu sein.
DER Mann kriegt mal wieder Ausgang.
Toll! Super!
AntwortenLöschenDas freut mich für dich.
Wann genau bist du wider da?
;-)
Keine Ahnung - irgendwann dieses Jahr noch mal - hab ich mit meiner Freudin ausgemacht ;-)
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