Montag, 28. Juni 2010

10 Jahre und 9 Tage

Am 1. Juli 2000 habe ich bei meinem jetzigen Arbeitgeber angefangen.
Mit Zittern und mit Bibbern, ich war mir nicht sicher, ob ich den Anforderungen gewachsen bin, die dort an mich gestellt werden, aber auch mit ganz viel Freude auf neue Herausforderungen.

Am Mittwoch ist das dann 10 Jahre her.

Am Freitag nächter Woche um 7:40 ist meine Arbeitszeit bei diesem Arbeitgeber zuende. Danach habe ich noch Urlaub.

Es war eine verdammt gute Zeit. Ich wurde vom Anfänger in diesem Fachgebiet zum Anfänger mit etwas Erfahrung, ich habe ein Fachweiterbildung absolviert und mauserte mich zum Routinierten, dann zum Erfahrenen - da irgendwo habe ich einen Leitungsposten ergattert und wieder als Anfänger zumindest in dieser Hinsicht angefangen, eine weitere Fachweiterbildung absolviert, meinen Abschied aus dem Team betrauert und in meine Führungsrolle gefunden - nebenher wurde ich dann irgendwann zum Profi in dem was die täglichen Anforderungen mir und meinem Team abverlangten.

Anfang Mai - nach schon länger währender zunehmender Überlastung und Aussichtslosigkeit aufgrund ständig zunehmender Arbeitsbelastung für eine gleiche Anzahl von Mitarbeitern, zunehmenden Problemen mit dem Schichtdienst als solchem und einer nicht genau definierbaren Unzufriedenheit - habe ich eine Online-Stellenanzeige bei einem entsprechenden Portal geschaltet.
Es tat mir gut einfach mal aufzuzählen, was ich so kann - und natürlich auch zu formulieren was ich will. Ich habe die Anzeige deutschlandweit geschaltet einfach um mal zu sehen, ob sich überhaupt jemand für mich interessiert. BANG 2 Tage 12 Rückmeldungen. Ich war geplättet. Erwartungsgemäß waren Zeitarbeitsfirmen dabei und dann noch viele die angeblich genau hatten was ich suche (aber keine genauern Angaben, nicht mal über die Region machen wollten), sodann 2-3 Vertreterjobs- was nun so ziemlich das letzte wäre was ich machen wollte. Und zwischen all diesen mehr oder weniger interessanten Interessenten glitzerte ein Kleinod, eine Stelle, auf den ersten Blick wie für mich gemacht... und in erreichbarer (pendelbarer) Entfernung.
Ich MUSSTE anrufen - ungeachtet meiner eher deprimierten Stimmungslage - soetwas kann man sich nicht einfach so entgehen lassen Zwei Wochen später hatte ich ein Vorstellungsgespräch - noch zwei Tage später die Zusage.

Dann kam der Gang nach Canossa zu meinen Leitungskollegen - ein Team das ich vermissen werde - ihnen zu beichten, dass ich gehe hat mich schlaflose Nächte gekostet. Und dann ging alles Schlag auf Schlag: Auflösungsvertrag zum 1. August (fristgerecht hätte ich erst zum 31. Dezember kündigen können), Vertrag unterschreiben, Team informieren.
Es hat mich überrollt - und auf einmal schien alles eitel Sonnenschein. Lange herbeigesehnte Innovationen stürmten auf einmal den Arbeitsplatz, Geräte wurden bestellt - fast schien es mir als hätte ich diesen Investitionsstau vorher verursacht und wäre im Weg gestanden.
Auf einmal sah ich mir beim Arbeiten zu - und sah welche Routine ich habe, was ich locker gebacken kriege, wo andere ins Schwitzen kommen, sah den Überblick, den ich mir erworben habe in diesen 10 Jahren - mit ganz neuen Augen und mit Staunen.

Niemals habe ich so viel Bestätigung bekommen wie durch die Worte und Gesten des Bedauerns meiner Kollegen und Teammitglieder. Man soll immer gehen, wenn es am schönsten ist.

Jetzt in den letzen Tage, wenn der Stress hohe Wogen schlägt, wenn die Arbeit sich stapelt und vermeintliche hohe Prioriäten mal ganz schnell in die "weder wichtig noch dringlich"-Schublade rutschen, wenn ich schlecht schlafe und nachmittags feststelle, dass ich noch nichts vernünftiges gegessen habe, dann weiß ich wieder warum ich gehen muss - jetzt wo es am schönsten ist.

Und dann freue ich mich auch... auf geregelte Arbeitszeiten, auf einen Schreibtisch, ein Telefon und einen Computer, auf freie Wochenenden und Feiertage UND auf eine ganze Menge neuer Herausforderungen - es wird echt Zeit mal wieder Anfänger zu sein - nach 10 Jahren und 9 Tagen.



1 Kommentar:

  1. Wow - jetzt bin ich aber platt, ob der Veränderungen bei dir. Erzählst/schreibst du mir demnächst mal, wo denn dein neuer Schreibtisch steht und was du darauf so machst?
    Ich bin echt neugierig.

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