Sonntag, 22. März 2009

Und was ist mit Politik?

Wenn ich so die Blogs anderer Transgender und Transsexueller durchstöbere kommt mir mein eigenes Geschreibsel hier immer ziemlich ich-bezogen vor.
Ich habe kaum etwas zur allgemeinen Lage von Transsexuellen zu sagen - ich gebe keine Statements zu Gesetzen ab.
Ich bin ein ziemlich unpolitischer Mensch.
Nicht nur hier sondern auch sonst im Leben liegt mir politisches Engagement nicht. Das ist bequem - das ist vielleicht auch manchmal unfair denen gegenüber, die meine Interessen mit viel Aufwand mit vertreten. Und man darf es fast schon nicht sagen - uninformiert zu sein ist keine lässliche Sünde, das merke ich immer wieder, wenn ich in Gesprächen sagen muss - ich habe keine Meinung dazu, weil ich mich nicht informiert habe.

Ich habe vor ein paar Jahren meinen Konsum politischer und wirtschaftlicher News extrem eingeschränkt, weil ich das Gefühl hatte, dass mich die Informationen überfordern und in einen Zustand versetzten, der ständig nach mehr verlangt und mich unruhig macht. Dabei dachte ich dann an meine Nachbarin, die mit über 85 Jahren alleine in ihrem Haus wohnt und ich bekam den Eindruck ich wisse besser über die Opfer einer Katastrophe in Irgendwo Bescheid als darüber wie es ihr geht. Beim Sinnieren, Abwägen, Diskutieren über politischen Fragen könnte sie in ihrem Haus versterben und ich würde es nicht einmal bemerken - was dann schon wieder eine Sache fürs Fernsehn wäre, wenn man sie nach Monaten fände.
Ich habe beschlossen mich mehr um das zu kümmern was in meinem unmittelbaren Einflussbereich passiert, das was mich persönlich betrifft - und die Dinge bei denen ich etwas bewirken kann.
Im Zuge der Globalisierung ist dies natürlich auch ein Eingständnis dessen, dass ich manches nicht wissen will obwohl es mich irgendwie über ein paar Ecken doch betrifft. Ich kann damit leben - es ist meine persönliche Art der Entschleunigung und eines Teilausstieges aus der Diktatur des Informationszeitalters.
Dementsprechend spricht mein Blog in der Regel nur von mir - von meinen Erlebnissen, von meinen Gefühlen - und dies in der Regel ohne politische oder sonstige Wertung.

Ausnahmen gibt es immer - es gibt politische und sonstige Themen die mich durchaus interessieren, wenn sie einen Bezug zu mir und diesem Blog haben, dann werden sie sicherlich auch hier erscheinen. Aber grundsätzlich ist dies soetwas wie der Tisch in meiner Küche. Es wird erzählt, aus dem Leben, die kleinen Dinge bekommen viel Platz. Ich finde das gut so.

P.S. Und meine Nachbarin habe ich gefragt, wie sie so zurecht kommt und ob jemand nach ihr schaut. Ihre Tochter kommt einmal täglich vorbei um nach dem Rechten zu sehen.

4 Kommentare:

  1. Das kann ich so gut nachvollziehen, weil du mir damit aus dem Herzen sprichst. Halte es selber nun schon seit vielen Jahren ganz genauso und seitdem bin ich viel zufriedener.

    Auch das Unverständnis der Umwelt diesbezüglich ist mir nicht fremd. Aber das verbuche ich unter "meinen Weg gehen, mein Leben leben, mich selber glücklich machen und nicht die anderen".

    Grüße von Herzen
    Constanze

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  2. Hallo Eric,
    das hast du genau richtig formuliert. Mir geht es ebenso. Unpolitisch und Ich-bezogen. Aber ich denke auch, in persönlichen Blogs ist das total in Ordnung so und ich weiß, dass viele meiner Leser/innen genau das lesen wollen. Etwas über mein Alltagsleben als Transgender und nicht über die Gesetzeslage hierzu.
    Liebe Grüße, Svenja
    PS: toll siehst du aus!
    PPS: sorry für den einseitigen Artikel über das Passing, aber natürlich hast du Recht mit deinem Kommentar.

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  3. @Svenja keine Ursache fürs PPS :) und danke fürs PS ;)

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  4. Meiner Meinung nach bist du dadurch dass du dich und den trans*sein hier sichtbar machst schon ganz schön politisch, aber letztlich ist politisch sein ja auch nicht das Maß aller Dinge.

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