Donnerstag, 24. Mai 2007

Leben mit links

"Ab jetzt leb ich mein Leben mit links"

Diesen Satz habe ich im Herbst letzten Jahres in mein Tagebuch geschrieben.
Letztes Jahr im Sommer habe ich beschlossen mit links zu schreiben. Nachdem meine Umschulung zum Rechtshänder nach außen problemlos verlief und ich nur ab und an Anwandlungen hatte mit links zu schreiben, fiel mir vor zwei Jahren ein Buch in die Hände, das die Folgen der Umschulung darstellte und auch die bestehende Möglichkeit sich zurückzuschulen.

Im Urlaub begann ich täglich zu schreiben - der Einfachheit halber eine Art Tagebuch. So waren meine Gedanken zum Thema und die Veränderungen - und Verbesserungen der Schrift an einem Platz, zusammen mit den Alltäglichkeiten und mit den anderen Dingen, die mich beschäftigten.

Dabei entstand auch dieser Satz:

Ab jetzt leb ich mein Leben mit links.

Er steht für das Schreiben mit links aber auch für die Leichtigkeit des Seins. Er steht dafür endlich auf der richtigen Seite angekommen zu sein. Inzwischen hat sich die Handschrift entwickelt, auch wenn sie immer noch krakeliger ist als die mir rechts - kein Wunder rechts hat 34 Jahre Vorsprung.

Die Entscheidung mich umzuschulen, oder zumindest einen Versuch zu wagen war im Prinzip eine, die lange gegärt hat, reifen musste und einen mutigen Zeitpunkt brauchte, da ich auch auf Arbeit viel von Hand schreiben muss -und andere das lesen. Die Umsetzung hat mich unsicher gemacht - und tut es manchmal noch, aber insegsamt ist es für mich richtiger mit links zu schreiben.

Jetzt bleibt noch das Leben auch mit links zu leben - im übertragenen Sinne, also richtig zu leben - nicht verquer.
Immer schon fühlte ich mich irgendwie daneben, entsprach mein Gefühl des Seins nicht dem was ich glaube was von außen in mir gesehen wird. Ein Gefühl des Danebenstehens und des außerhalb meiner selbst agieren müssen, damit ich funktioniere in dieser Welt.

Jetzt stehe ich wieder vor so einer Entscheidung - und als ich heute Nacht, während eines ruhigen Dienstes darüber nachdachte, fiel mir meine Rechts-Links-Umschulung ein - UND, dass ich da auch nicht vorher wußte, ob es die richtige Entscheidung ist. Es war ein Sprung ins kalte ungewisse Wasser, im Hinterkopf mit den möglichen unangenehmen Folgen die dies haben kann, wenn man seinem Gehirn einen solchen Stress zumutet. Ich habe mich herangetastet.

Meine liebe Freundin, die mir interessiert zuhört, wenn ich über mein Durcheinander berichte und mir Mut macht hinzuschauen und auszuprobieren und gleichzeitig ergebnisoffen einfach hinter mir steht, meinte: "Vielleicht musst du das jetzt ganz heftig ausprobieren, das mit dem Mann fühlen um nachher wieder zurückzuschwenken" Vielleicht ist das so. Vielleicht habe ich aber auch den "Point of no Return" innerlich schon überschritten indem ich mir erlaube mich intensiv mit der Thematik auseinanderzusetzten - zum ersten Mal im Leben - denn auch diese Thematik gärt schon lange in mir. Ich bin froh über ihre Gelassenheit zum Thema - und das sie meint, sie mag mich halt einfach und sie hat sich noch nie Gedanken gemacht, ob ich nun eher männlich oder weiblich sei - ich sei halt einfach L. Und so schrieb sie mir einen Brief, der mich zum Lächeln brachte, als ich ihn aus dem Briefkasten holte, weil in der Adresse "E.-Leon" stand - du bist ein Schatz mein Schatz!

Ist das mein Weg zum Leben mit links? Bin ich falsch in dem wie ander mich wahrnehmen? Habe ich versucht diesen Wahrnehmungen zu entsprechen und dabei meine Selbstverständlichkeit dessen wie ich bin verleugnet. Ich will da hin - da wo ich mit links leben kann. Mehr Leichtigkeit - weniger Mühsal.

Montag, 21. Mai 2007

Er - Sie - Es

What-dentity!

Zwischen allen Stühlen - wer bin ich und wie kann ich in dieser Welt richtig leben - mich als richtig erfahren - richtig sein.

Sie sagt meine Umwelt - sie ist gewohnt, sie ist schon immer gewesen - sie ist manchmal nicht richtig.

Er sagen sie im Chat - er ist ungewohnt, er ist neu und erstaunlich, er fühlt sich auch gut an

Es ist indiskutabel - es ist nichts.

Neuer Name - gebraucht bisher nur virtuell - und vor der Freundin, der Vertrauten geoutet - fast heimlich auf einen Zettel geschrieben und ihr zugesteckt. Dabei ist er mir zugefallen einfach so beim Autofahren. Ist das mein Name - bin ich das?

Manchmal auf Arbeit frage ich mich ob ich das bin - wie es wäre er zu sein - für mich und für die anderen.

Zeit will ich mir geben diese neuen Gedanken zu denken, das neue Gefühl zu leben - und unter Druck setzen will ich mich nicht, unter Druck setzten lassen schon gar nicht - auch nicht von der Erkenntnis, dass andere schon immer genau wussten was sie sind.

Es fällt schwer im Nicht-sie-und-nicht-er zu verweilen - auszuhalten, dass ich irgendwie beides will - nichts aufgeben was mir wertvoll ist und nichts annehmen, was mich stört.

Zeit, diesmal hab ich Zeit, nichts vom Tisch zu wischen und hinzuschauen, auch wenn es gerade mühsam ist, das hineinhorchen in mich selbst und die Versuchung groß hier einfach einen Punkt zu machen und wieder eine komische Frau zu sein - einfach weil ich es gewohnt bin.

Jetzt liegen sie da auf dem Tisch die Gedanken und die Gefühle, die Ängste und die Wünsche, die E.L. und der E.L. wie leere Kleider und passen nicht. Was zieh ich bloß an?

Verdammt, jetzt bin ich 40, jetzt hab ich wirklich Zeit - die anderen wichtigen Dinge im Leben hab ich erledigt - jetzt hab ich Zeit, neu zu gestalten, die nächsten 40 Jahre oder so. Nimm dein Leben in deine Hand möchte ich mir zurufen - lebe, probiere, wage!
Pass auf, was du tust, nicht dass du bereust - flüstert es ins andere Ohr (und: du bildest dir das alles nur ein... nettes Gedankenspiel und jetzt back to work)

Aber es sein geht nicht - es sein geht überhaupt nicht.

Sonntag, 20. Mai 2007

Wahrnehmung

Wahrnehmung und die Interpretation derselben ist das, was wir brauchen um handlungsfähig zu sein.

Die Selbst-Wahrnehmung bestimmt mit, wie wir handeln, reden und denken. Die Fremd-Wahrnehmung bestimmt mit, wie andere auf uns zugehen, wie sie unser Handeln interpretieren und wie sie darauf reagieren.

Meine Selbstwahrnehmung ist nicht so, dass ich mich mit dem Bild, das ich von Frauen habe in Einklang bringe könnte. Mein Leben lang hat mich die Diskrepanz zwischen meiner Wahrnehmung von Weiblichkeit und den daraus abgeleiteten Ansprüchen an mich begleitet. Getoppt wurde das Ganze in meiner Jugend und als junge Erwachsene noch von den verqueren Frauenbildern, die mein fanatisch christliches Elternhaus mir mit auf den Weg gab.
Ich tauge nicht zum Revoluzzer - man bat mich das Schreiben doch mit rechts zu lernen obwohl ich Linkshänderin bin und ich tat es. Man sagte mir wie eine gottgefällige Frau zu sein hat und ich versuchte es. Ich entsprach über weiter Strecken zumindest äußerlich dem geforderten Bild - ich suchte nach der Ruhe in mir selbst, dem endlich ankommen - und fand nur Unruhe und Anstrengung. Immer wieder kam es zu Ausbrüchen aus den Mustern, die mich auch nicht sicherer machten in dem WAS und WIE ich nun bin.

Ich heiratete einen Mann, denn ich auch eine Weile liebte - ich habe ein wunderbares Kind, ich war Mutter und Frau - und doch auf dem gefühlten Präsentierteller wenn ich diese, meine Weiblichkeit nach außen trug, so dass in instabilen Zeiten nur der sichere Schlabberlook aus Jeans und T-Shirt mir ausreichend Sicherheit gab.
Eine Berufsausbildung gab mir ein wenig Selbstvertrauen - und in den letzten Jahren, nach der Scheidung, fing ich an mein Außenbild zumindest kognitiv als "wahr" zu aktzeptieren. Ich bin etwas, ich kann etwas, ich werde als kompetent wahrgenommen. Immerhin findet da mein Innenbild so langsam ein Stück in das Außenbild hinein. Ich kann, ich bin.
In diesen Jahren habe ich viel an meinem Gefühl als Frau gearbeitet. Mich als Frau gekleidet, mich als Frau gefühlt und versucht mich als Frau wohlzufühlen.

Insgesamt nehme ich dies im Rückblick als anstrengend wahr. Es kostet mich Anstrengung Frau zu sein - und es bringt mich in eine Verteidigungsstellung. Ganz oft habe ich das Gefühl, ich müsse beweisen, dass ich etwas bin oder kann "obwohl" ich Frau bin. Der Kopf erklärt dies zum Schwachsinn - aber das Gefühl bleibt. Für mein äußeres "Frau-Sein" habe ich immer Anerkennung bekommen - und immer habe ich sie mit einem schiefen Lächeln entgegengenommen.
Gleichzeitig irritiert mich ein Gefühl der inneren Stärke in manchen Momenten als frauliche Frau. Es gab Momente in denen ich mich schön fühlte und stark - ein "seht her!" Gefühl. Auf der anderen Seite aber auch immer der Moment in dem ich rausmusste aus den Frauenklamotten, ganz schnell und etwas "sicheres" anziehen.

Kürzlich erfuhr ich, dass jemand geäußert hat, er habe das Gefühl, ich müsse ihm immer etwas beweisen. Ertappt. Es ist so. Er macht mich unsicher und ich bin in Verteidigungsstellung - mit Hang zum Präventivschlag. Dabei gibt es keinen Grund dafür - nicht den geringsten.

Ich will da raus - ich will sein, wasimmer ich bin.

Ich werde experimentieren mit der Eigenwahrnehmung und mit dem Gefühl dessen was ich glaube darzustellen. Ich bin gespannt auf die Reaktionen, die aus der Fremdwahrnehmung entspringen. Ich werde suchen, nach dem Punkt, an sich die Eigen- und die Fremdwahrnehmung nicht mehr in komplett unterschiedlichen Welten bewegen.

Die neue Selbst-darstellung macht auch erst einmal unsicher - ich habe keine Übung darin, ich kann nur vorsichtige Schritte gehen - den Blick in den Spiegel wagen und schauen in wieweit ich stimme. Ich kann Experimente wagen - und erfahren und wahrnehmen wie ICH mich damit fühle.

Immerhin hat sich meine Fremdwahrnehmung von Frauen merklich verändert, seit ich nicht mehr das Gefühl habe, die Weiblichkeit anderer stelle einen Anspruch an mich. In wieweit ich mich meiner Wahrnehmung meiner selbst äußerlich anpassen kann, kann ich nicht sagen. Zu viel wurde in meinem Leben manipuliert, zu viel habe ich gekämpft darum zu passen - in die Welt und in Bilder von mir zu passen von denen ich glaubte, dass andere sie haben, so dass es schwer fällt ein klares Bild von dem zu finden was ich bin.

Ganz langsam möchte ich wahrnehmen, was sich richtig anfühlt für mich und dann dort verweilen.
Schön, dass ein sehr lieber Mensch vor ein paar Tagen sagte: Du bist so wunderbar entspannt und gar nicht stachelig - das ist sehr schön.

Da möchte ich hin: Da wo ich entspannt bin und selbstverständlich - dann wenn mein Bild von mir dem entspricht, was ich schon immer war.

Freitag, 11. Mai 2007

Schuhe

Die Welt dreht sich weiter, wenn auch langsam.

Heute war Beerdigung und die Trauer schlug in Wellen über den Zurückgebliebenen zusammen.
Fast bizarr angesichts dieser Wucht an Gefühlen, dass ich Probleme hatte etwas zum Anziehen zu finden.
Schwarz, nicht nur weil es eine Beerdigung war, sondern weil keine andere Farbe in Frage kam - im Gedenken an diesen Menschen.
Schwarz ist ausreichend vorhanden in meinem Kleiderschrank - aber Schuhe - ich habe keinen schwarzen Schuhe. Lediglich ein paar Stiefel mit Absatz - das ging nicht, genausowenig wie das figurbetonte Oberteil - das mich beim Vorbeigehen am Spiegel erschrecken lies, weil es nicht stimmte - ja sogar untragbar war.

Zwei Stunden vor der Beerdigung fuhr ich in den einzigen Schuhladen bei uns im Ort(ca. 3000 Einwohner), in der vagen Hoffnung irgendetwas zu finden. Ich fand ein paar schwarze Sneakers, erschwinglich und immerhin schwarz. Ich hatte sie schon in der Hand um zu bezahlen, als ich am unscheinbaren Regal mit den Männerschuhen vorbeiging und mir ein Paar Schuhe ins Auge stach. Ich nahm sie heraus - Größe 41 - passt (eigentlich hab ich 40). Sneakers stehen lassen - mit dem Schuh zur Kasse. Die Inhaberin - eine Dame in den 50ern:

"Das ist wirklich ein schöner Schuh und wunderbar verarbeitet"

Kein komischer Blick, keine Frage, gar nichts - nur ein schöner Schuh und eine Frau die ihn kauft - denn als Mann hat sie mich bestimmt nicht wahrgenommen. Wer hätte gedacht dass es so einfach ist.

Somit hatte ich die richtigen Schuhe für diesen traurigen Gang.
Manchmal liegen tiefe Trauer und einfache Freuden ganz nahe beeinander. Gerade ist dies für mich selbst noch schwer zu verstehen.

Morgen früh um fünf fahre ich um einen Tag verspätet in einen lang ersehnten und geplanten Kurzurlaub mit meiner Freundin. Ich freue mich sehr und wir werden Spaß haben - und manchmal vielleicht auch weinen - um einen Menschen, der gehen musste.

Und ich habe neue Schuhe - auf dem Weg zu mir selbst.

Dienstag, 8. Mai 2007

TRAUER

07.05.2007 ca 17:00 Uhr - die Welt steht still

SCHMERZ
OHNMACHT
TRÄNEN
STILLE
KERZEN
SCHMERZ
ANGST

wenn nur die Welt morgen wieder in Ordnung wäre

Freitag, 4. Mai 2007

schwarz-weiße Textilreise

Heute, als hier der Bär tobte, kam ich ganz unvermittelt dazu meinen Kleiderschrank endlich auszumisten. Eigentlich wollte ich das schon vor Monanten tun - wie man eben so vieles eigentlich tun möchte.
Dabei fielen mir eine Menge Kleider in die Hände, die schon diverse Male dem Altkleidersack entgangen waren. Manche, weil ich glaube sie doch noch einmal anzuziehen, manche aus rein nostalgischen Gründen, weil sie mich zum Beispiel an alte (gute) Zeiten erinnern. Manche weil ich sie gekauft hatte in der Absicht sie zu tragen und sie dann nur einmal bis zweimal anhatte - so wie das Kleid, das mir hier gerade noch so passt. In Wirklichkeit ist es hellgelb und ich habe es mal für eine Hochzeitsfeier gekauft. Danach hatte ich es nur noch einmal an - und so hing es viele Jahre gehütet im Schrank. Meine Tochter trug es einmal zu Fasching und ich räumte es von einer Ecke in die nächste. Irgendwie immer in der Hoffnung dieses Kleid würde mir noch einmal das geben, was ich ihm zugeschrieben hatte: die gefühlte Leichtigkeit, Unbeschwertheit - ein gleitendes leicht schwebendes Körpergefühl - und diese Gefühle würden sich auf mich übertragen.
An der Hochzeitsfeier verhinderten leider Blasen an den Füßen jegliches Wohlfühlgefühl.

Also habe ich es nocheinmal angezogen - ich habe zugenommen - es passt nicht mehr wirklich - ich bin endgültig rausgewachsen.... und ich habe ein Photo gemacht - das nicht wiederspiegelt, was ich fühlte als ich dieses Photo machte. Das Kleid wanderte zurück in eine dunkel Ecke des Kleiderschranks - und wartet darauf, dass ich mich von dem erhofften elfengleichen Gefühl verabschieden kann - oder es in einem Anfall von Gründlichkeit dann doch kurzentschlossen in den Sack packe.

Da war ich nun schon mal beim Bilder machen war gabs gleich noch ein paar Fotos mit Lieblingsstücken und Fundstücken und mit den Mädchenkleidern in die ich es die letzten Wochen nie geschafft hatte - in der Sicherheit einer geschlossenen Zimmertür - und einer freien weißen Wand als Hintergrund, weil die Couch für die große Party heute ins Wohnzimmer umziehen musste. Bild zwei ist dann die geliebte weiße Jeans, die ich vor zwei Wochen aus der Männerabteilung gefischt habe - und die seitdem an mir festgewachsen ist. Das Bild sieht so aus, wie ich mich fühle - es gefällt mir von der Serie mit am besten.

Danach dann das Kontrastprogramm und meine Hommage an die Uniform - auch wenn es sich "nur" um eine scharze Cargohose handelt und eine schwarzes Hemd - aber immerhin aus einem "Armyshop" in Berlin und immerhin von meiner Liebsten geschenkt bekommen.
Auch dieses Bild entspricht in ungefähr dem was ich davon erwartet habe. Sieht ein bißchen nach Kampflesbe aus, aber daran lässt sich mit dem Outfit wohl nix ändern. Auch wenn es sich hierbei nur um "Theaterklamotte" handelt, also um Kleider, die ichm, zumindest in dieser Kombination, nicht in der Öffentlichkeit trage - sondern nur für Rollenspiele - so vermittelt sie mir doch ein ganz klares Körpergefühl- immer und zuverlässig - das ich sehr gerne mag.



Dann, weil ich schon mal dabei war, noch zwei Mädchenbilder, einfach weil es mich
interessierte wie sie aussehen, wie ich aussehe, wie ich denke dass ich aussehen müsste. Auch diese Bilder gefallen mir nicht - ich gefalle mir nicht - wie eigentlich fast immer auf solchen Bildern - ich bin darauf nicht der Mensch als der ich mich fühle. Auch wenn immer wieder freudiges Erstauenen kommt: Oh, du hast ja einen Rock an - toll, steht dir gut. Ja und? Ich hab öfter Röcke an - sag ich dann, im Sommer - das stimmt, und doch meide ich Spiegel und Schaufenster und Fotoaparate. Das Gefühl stimmt, solange ich mich darin frei bewegen kann und nicht auf unbequemen Schuhen daher stöckeln oder staksen muss, aber das Bild stimmt selten.
Gerade allerdings sind die Sachen ganz schnell nach den Beweisphotos wieder in den Schrank gewandert und es gab wieder was zum Wohlfühlen zum Abschluss, was dann auch wieder ein für mich stimmiges Bild gegeben hat.

Schwarze Hose und weißes Hemd beides aus der Männerabteilung. Wegen des Hemdes wurde ich vor einiger Zeit gefragt wo ich es herhabe, die Fragestellerin habe die gleiche Bluse in Türkis. Ich bin ziemlich heftig geworden und sagte es sei keine Bluse. Ja aber sie habe die gleiche. Ich wunderte mich im nachhinein über mich selbst, dass ich darauf hinweisen musste, dass dieses HEMD aus der Männerabteiung von New Yorker ist - und bestimmt KEINE Bluse.

Es war ein ziemliches Wechselbad der Gefühle die Reise durch meinen Kleiderschrank heute - und vielleicht - wenn sich die Eindrück gesetzt haben - erwächst darauf eine kleine Erkenntnis über das was ich bin - und darüber wie ich dies glücklich und stimmig nach außen transprotieren kann. Vielleicht haben es ja dann andere auch nicht mehr so schwer mit mir - und ich es nicht mehr so schwer damit bei anderen nicht anzuecken.

So macht man an manchen Tagen ganz unverhofft ein weite Reise.




Verantwortung(s)los

Heute vor 18 Jahren hab ich das

Verantwortungs-Los

gezogen.
An diesem unglaublichen Tag vor 18 Jahren hielt ich meine Tochter zum ersten mal im Arm; unglaublich klein, mit vielen schwarzen Haaren und unglaublich wunderbar, sofort das schönste Kind von allen - jede zerknautsche Falte ein Unicat.


Heute ist sie 18 Jahre - eine junger Mensch mit großem Selbstbewußtsein, eine den Kinderschuhen Entwachsene.
Ganz ohne mein Zutun - so scheint mir - wurde aus dem Baby ein Kleinkind, ein Schulkind, eine pubertierende Göre, ein Teenager und mit sanftem Übergang eine junge Erwachsene.
Sie ist mir so nah und doch so fremd. Anders, ganz anders als ich - und ich sehe es mit Staunen und mit Wohlwollen.
Jetzt, wo ich die

Verantwortung los

bin, kann ich einfach nur noch genießen.
Ich hatte ein bißchen Angst vor diesem Tag, an dem sie einfach machen könnte was sie wollte - auch gegen meinen Willen. Schön ist, dass ich das abgeben von Verantwortung für ihre Entscheidungen schon geübt habe. Schön ist, dass ich ihr das Leben zutraue. Sehr schön ist, dass sie mich ab und an um Rat fragt.

Happy Birthday my dear!

Donnerstag, 3. Mai 2007

Posing


Für die neugierigen Mädels aus dem Chat - extra für euch!

Jepp - aktuell, schlecht fotographiert, authentisch, selbstironisch.

Mittwoch, 2. Mai 2007

Ach herrje

Jetzt hab ich mich also entschlossen hier einen neuen Blog zu schreiben... bin sozusagen eine Selbstverpflichtung eingegangen.

Das ist irgendwie soetwas wie ein erster Schritt, ein sichtbares Eingeständnis, dass etwas Raum braucht - Platz und einen Ausdruck.

Seit ich vor zwei Monaten via TV und Internet aufs Thema "Transsexualität" stieß - wieder mal stieß - beschäftigt mich das ungemein. Er reißt auch nicht ab - es ist kein Ende in Sicht.
Mitunter beschleicht mich der Gedanke, doch jetzt endlich mal ein paar "Mädchenkleider" aus dem Schrank zu holen - Lieblingsstücke - und mich zu fühlen, als Frau, als weiblich - so wie ich das kann - damit dann alles wieder gut ist - und ich das Thema wieder abhaken kann - bis zum nächsten Mal vielleicht.

Hilft nix - erstens hab ichs nicht in Mädchenkleider geschafft seit dem - zweitens stellt sich gleich die nächste Frage: hab ich mich denn weiblich gefühlt, oder hab ich mich vielleicht einfach nur "ich" gefühlt. Ein fließender Stoff, der bei leichtem Wind um die Beine spielt macht ein angenehmes Gefühl - aber ist dieses Gefühl einem Geschlecht zuzuordnen, oder eher der Tatsache, dass die Haut ein großes sinnliches Organ ist?

Bezeichnend war für mich eine Geburtstagsparty, auf der ich eingeladen war - bei M. und M. (*gg* - wie unterscheide ich die jetzt?) - also klein-M. hatte zur Party geladen und es war eine wilde Mischung von Leuten aus ihrem Bekannten- und Freundeskreis anwesend. Freunde von früher, von der Arbeit, aus Lesbenkreisen, aus der SM-Szene.
Ich hatte keine Lust auf Mädchen - und war in scharzer Cargohose, schwarzem T-Shirt und rotem Hemd (von meiner Liebsten geliehen - danke mein Schatz!) dort und meinte zur Begrüßung bei M&M:

"Ich hab mich heut mal nicht als Mädchen verkleidet"

Das fühlte sich den ganzen Abend gut an, ich fühlte mich stimmig, schön, sicher. PUNKT

Das war b e v o r ich mich mit dem Thema explizit begann auseinanderzusetzten.

Dies ist nur einer der Erinnerungen, die ich rauskrame - und versuche zu erfassen, zu bewerten, einzusortieren. Dabei empfinde ich es als äußerst schwierig für mich klar zu bekommen, was ich nun einfach aus dem neuen Blickwinkel anders bewerte - und was wirklich wie war. (Versteht das noch jemand?)

Gleichzeitig lese ich wie wild auf einschlägen Seiten im Internet .... Info-Input bis zum Overkill.
Was andere schreiben kenne ich so , oder kenne ich gar nicht .... es enthebt mich nicht der Pflicht mir über mich selbst klar zu werden, es kann wenn überhaupt nur Gedankenanstöße liefern, niemals eine Begründung oder eine Rechtfertigung für eigenes Handeln oder Nichthandeln.

So versuche ich mich selbst zu erleben - weniger in der weiblichen Rolle, mehr in der männlichen - sofern das überhaupt möglich ist im Alltag. Helfen mir meine vielen Phantasie-Identitäten, die zu weit über 90% männlich sind - und mein Erleben, wenn ich in sie schlüpfe - dabei weiter?

Im nächsten Leben:

Im nächsten Leben werd ich ein Mann.
Im nächsten Leben ganz bestimmt.

Ach herrje - und jetzt steht das hier - weiß auf grau.

Na sowas.