Sonntag, 29. März 2009

Zähe Tage

Die letzte Woche habe ich nach dem neuen Konzept auf Arbeit eine Woche Auszeit vom Schichtdienst gehabt und von halb neun bis halb fünf gearbeitet. Eine ungewohnte Erfahrung, die ihre Licht- und Schattenseiten hat. Auf der einen Seite hat sich sofort eine gewisse Regelmäßigkeit eingestellt, sowohl was die Essenzeiten als auch was die Schlafenszeiten anging. Trotzdem blieb von diesen Tage gefühlt wenig übrig.
Ich war abends um halb sechs zuhause und ziemlich geschafft und energielos. Viel ist nicht gelaufen außer Arbeiten und Schlafen. Der Wohnung sieht man es an - die muss heute noch dran glauben.

Gestern hatte ich noch einen Spätdienst und heute ist endlich frei - doch die nächsten fünf Tage Arbeit stehen schon an.
Manchmal frage ich mich woher andere die Energie nehmen Vollzeit zu arbeiten, ihre Wohnung, ihr Haus auf Vordermann zu halten, womöglich noch Kinder und die Oma zu versorgen und gleichzeitig noch ihren Freizeitaktivitäten nachzugehen. Meine Batterien sind nach sechs Arbeitstagen leer, was dazu führte, dass ich heute zwar um neun Uhr aufgestanden bin - aber von elf bis ein Uhr noch einmal tief und fest geschlafen habe.

Diese Woche habe ich aufgrund eines Thread im FTM alte Bilder rausgekramt. Es ging um Modesünden der Vergangenheit. Dabei habe ich mir ein stück weit die Unwissenheit vergangener Tage zurückgewünscht, das irgendwie falsch sein und nicht wissen warum. Im Anbetracht meines mich Nicht-Bewegen-Könnens, scheint es verlockend seine Anstrengungen darauf zu richten die Zugehörigkeit als richtig zu empfinden, die so offensichtlich ist. Aber eines fiel mir bei der Betrachtung der Bilder ebenfalls auf... genau diese Zeiten waren geprägt von ganz vielen vergeblichen Versuchen z.B. von den Jungs meiner Klasse als ihresgleichen akzeptiert zu werden - und nicht als Mädel toleriert zu werden , das irgendetwas "für ein Mädel" aber ganz schön gut kann. Das waren auch anstrengende Zeiten.

Ich kann das Rad nicht zurückdrehen, keinen Gedanken der gedacht wurde wieder ungedacht machen - das Leben geht nur vorwärts - und im Großen und Ganzen ist dies auch gut so.
Und weiter heißt es aushalten oder bewegen... zum Bewegen reicht der "Leidensdruck" (ein Wort das ich nicht mag) nicht - also aushalten, hinschauen, wahrnehmen und abwarten.

Bei einem kleinen Spaziergang heute - für den den Sonne beschloss sich wieder hinter den Wolken zu verkriechen - habe ich noch wenig Frühling gesehen. Nächste Woche soll er kommen, der Frühling - mich hungert nach Licht.

Sonntag, 22. März 2009

Und was ist mit Politik?

Wenn ich so die Blogs anderer Transgender und Transsexueller durchstöbere kommt mir mein eigenes Geschreibsel hier immer ziemlich ich-bezogen vor.
Ich habe kaum etwas zur allgemeinen Lage von Transsexuellen zu sagen - ich gebe keine Statements zu Gesetzen ab.
Ich bin ein ziemlich unpolitischer Mensch.
Nicht nur hier sondern auch sonst im Leben liegt mir politisches Engagement nicht. Das ist bequem - das ist vielleicht auch manchmal unfair denen gegenüber, die meine Interessen mit viel Aufwand mit vertreten. Und man darf es fast schon nicht sagen - uninformiert zu sein ist keine lässliche Sünde, das merke ich immer wieder, wenn ich in Gesprächen sagen muss - ich habe keine Meinung dazu, weil ich mich nicht informiert habe.

Ich habe vor ein paar Jahren meinen Konsum politischer und wirtschaftlicher News extrem eingeschränkt, weil ich das Gefühl hatte, dass mich die Informationen überfordern und in einen Zustand versetzten, der ständig nach mehr verlangt und mich unruhig macht. Dabei dachte ich dann an meine Nachbarin, die mit über 85 Jahren alleine in ihrem Haus wohnt und ich bekam den Eindruck ich wisse besser über die Opfer einer Katastrophe in Irgendwo Bescheid als darüber wie es ihr geht. Beim Sinnieren, Abwägen, Diskutieren über politischen Fragen könnte sie in ihrem Haus versterben und ich würde es nicht einmal bemerken - was dann schon wieder eine Sache fürs Fernsehn wäre, wenn man sie nach Monaten fände.
Ich habe beschlossen mich mehr um das zu kümmern was in meinem unmittelbaren Einflussbereich passiert, das was mich persönlich betrifft - und die Dinge bei denen ich etwas bewirken kann.
Im Zuge der Globalisierung ist dies natürlich auch ein Eingständnis dessen, dass ich manches nicht wissen will obwohl es mich irgendwie über ein paar Ecken doch betrifft. Ich kann damit leben - es ist meine persönliche Art der Entschleunigung und eines Teilausstieges aus der Diktatur des Informationszeitalters.
Dementsprechend spricht mein Blog in der Regel nur von mir - von meinen Erlebnissen, von meinen Gefühlen - und dies in der Regel ohne politische oder sonstige Wertung.

Ausnahmen gibt es immer - es gibt politische und sonstige Themen die mich durchaus interessieren, wenn sie einen Bezug zu mir und diesem Blog haben, dann werden sie sicherlich auch hier erscheinen. Aber grundsätzlich ist dies soetwas wie der Tisch in meiner Küche. Es wird erzählt, aus dem Leben, die kleinen Dinge bekommen viel Platz. Ich finde das gut so.

P.S. Und meine Nachbarin habe ich gefragt, wie sie so zurecht kommt und ob jemand nach ihr schaut. Ihre Tochter kommt einmal täglich vorbei um nach dem Rechten zu sehen.

Samstag, 21. März 2009

Who is Eric?

Begebenheiten am Rande meines Gendertroubles.

Bisher bin ich im privaten Kreis geoutet - und ein Teil der Menschen spricht mich auch konsequent mit meinem neuen Vornamen an. Ein anderer Teil weiß zwar über meine Gedanken, aber ich habe nicht so häufig Kontakt - so dass es mir nicht wichtig ist. Bei einer guten Freunden sind drei kleine Kinder mit im Spiel - ich will auf keinen Fall irgendein Hick-Hack mit den Kindern veranstalten - also bin ich dort bei meinem bisherigen Namen geblieben.
Auf Arbeit lebe ich weiterhin "weibilch" ohne jegliches Outing, wenn man mal von meinem veränderten Kleiderstil absieht. Immerhin bekam ich da letztens von einem Kollegen im laufenden Gespräch das Statement: "Also als süß würde ich dich jetzt wirklich nicht bezeichnen." Danke F.

Mit einem Freund T., den ich nur gelegentlich sehe, der mich als L. kennt aber weiß, dass ich in anderen Kreisen bereits Eric heiße habe ich bei einer Freundin beim Umzug geholfen. Dort war auch K. anwesend, der mich schon seit längerem konsequent Eric nennt, mit dem richtigen Pronomen.
Während des Umzuges gab es nicht viel zu sprechen - allerdings erzählte mir T. er habe wahrscheinlich K. gesehen, der nach ihm einen Volkshochschulkurs belegt habe - aber er sei sich nicht sicher. Ich telefonierte kurz darauf zufällig mit K. und fragte ihn, ob das sein könne. Er bejahte.
Jetzt erzählte mir T., dass K. ihn angesprochen habe mit den Worten: Schönen Gruß von Eric, er hat mir erzählt, dass du hier auch einen Kurs besuchst... ist ja der Hammer wie klein die Welt ist."
T. durchforstete daraufhin sein Hirn: Who the fuck is Eric? - und braucht eine ganze Weile um dahinter zu kommen. Ist ja kein Wunder von "Wer ist DER?" auch auf "SIE ist gemeint" zu kommen ist nicht ganz so einfach.

Wir haben alle herzlich gelacht.
Mich freut es, das meine Freunde diese Chaos mit mir durchstehen -mit Humor und Interesse.
Vielleicht klärt sich für mich ja auch irgendwann mal die Frage:

Who is Eric?