Montag, 26. November 2007

Pausengespräch

Heute in eine Pause kam ich zu einer Gruppe dazu. Gerade sagte eine meiner Mitschülerinnen:

"Wenn ich das Männern sage, dann behaupten die das sei logisch und alle Frauen die ich frage sagen das sei unlogich"

Ich fragte nach und sie sagte mir es ginge darum wie Computer aufgebaut seien und sie fände das unlogisch und alle Frauen die sie kenne auch.
Ich daraufhin:
"Also ich finds logisch"
Sie guckt mich an und lacht:
"Du bist ja auch ein Mann."
Ich: "Ich weiß."

Und der Pausentalk dümpelte weiterdahin.
Ich bin dort nicht geoutet, alle kennen mich unter meinem weiblichen Namen. Keiner hat's in Frage gestellt und keine/r hat gemeint mich verteidigen zu müssen. Es hatte nichts von einem Scherz und nichts abwertendes, es war einfach eine Feststellung.

Spannend find ich das.

Mittwoch, 21. November 2007

Three steps back

Meine übermütige Laune hat mich eine gute Woche lang getragen. In einem Forum hab ich in einem geschlossenen Bereich gleich noch mein Coming-out drangehängt.
Nun denn - virtuell ist das nicht so schwer - könnte man sagen. Für mich ist der Unterschied nur marginal. Ich konnte mich auch im Internet noch nie verstellen und ich habe es mit den Jahren auch nicht gelernt. Ich bin virtuell so, wie ich sonst auch bin.

Ich war bei meiner lieben Freundin zu Besuch und hatte ein paar Tage - Urlaubsauszeit, von der Arbeit, von den Sorgen zuhause und auch vom Endlosthema: Was bin ich denn nun...?

Nun bin ich wieder zuhause - der Alltag hat mich wieder mit zwei Schulwochen, die ich sehr genieße.

Die Namensgeschichte lass ich für mich gerade mal ganz außen vor - es fühlt sich überhaupt nix wirklich richtig an - warten wirs ab.

Ansonsten? Es geht mir mal wieder wechselhaft, was ja nichts Neues ist. Ich musste nach der ersten Euphorie erst mal drei Schritte zurücktreten, weil ich keine Luft mehr bekam und mich irgendwie von mir selbst überrollt fühlte.

Erst mal wollte der Kopf beruhigt werden:

Nein, ich habe mich auf nichts festgelegt bis zum Ende meiner Tag. Sollte ich eines Tages zu diesen Leute sagen müssen, ich hätte mich geirrt und wäre nun doch eine Frau, die eine Frau bleiben wolle oder so ähnlich... dann werden sie zwar den Kopf schütteln, aber irgendwie wahrscheinlich froh sein, dass diese meine komische Phase vorbei ist. Also keiner wird mich wegen Betruges vor den Kadi schleppen, keiner wird mich wegen mangelnder Zurechnungsfähigkeit in die Psychiatrie einweisen und keiner wird mich wegen schwerster Bekanntenverarschung zu 23,4 Jahren Zwangsarbeit bei der Kanalreiniung verdonnern.

Dann kam mal wieder das "trau-dir-nicht-Teufelchen" und quasselte mir mit Unsinn meine Gedanken zu. Da kannst du jetzt nicht mehr zurück und überhaupt... jetzt wo ja sicher ist, dass du demnächst Hormone ... und überhaupt .... und wann die Ops und alle .....und sowieso und wenn schon denn schon... dann holte es ganz tief Luft, machte eine theatralische Pause und sprach gedehnt weiter..... u n d DDAASS willst du doch gar nicht ... beschleunigte leicht den Redefluss... und das traust du dich doch gar nicht... jetzt schon fast wieder hektisch..... und überhaupt bildest du dir das alles nur ein. Da kannst du jetzt nicht mehr zurück und überhaupt... jetzt wo ja sicher ist, dass du demnächst Hormone ... und überha.. und so weiter und so weiter.

Und dann schau ich mich an - und ich schau wie die anderen mich anschauen - und was sie wohl denken - und was sie sehen und wen sie sehen. Und ich schau mich an - und bin nicht zufrieden und kann nicht mehr aus dem Haus gehen mit einem normalen BH - und das trotz dicker Winterklamotte - wie soll das im Sommer werden?
Ich sitze im Unterricht und frage mich, ob ich auch gerne lange Haare hätte und ein wenig Schminke im Gesicht. Die Beleuchtung vor dem Spiegel bei den Toiletten ist hell und Scheiße - ich seh regelmäßig aus wie frisch von den Todkranken erstanden - und wenn ich die Schminkutensilien sehe denk ich NEIN.
Ich erinner mich an Wohlfühlzeiten in Kleidern - in Röcken und versuche das Gefühl abzurufen. Ich mag nicht noch einmal in meinem Leben etwas hinterherlaufen, was sich als Fata Morgana erweist.
Ich hätte am liebsten jemanden der sagt: Jawoll, so machst du das jetzt. Doch den gibt es nicht.

Und deshalb steh ich jetzt hier - drei Schritte zurückgetreten und schau mich erst mal an:

Hey du - wie geht's dir eigentlich so?
Du siehst ein wenig zerzaust aus - alles ok?
Kann ich dir helfen - irgendwie?
Meldest du dich, wenn wir weitergehen können?
Du weißt nicht wohin - macht nix, ich warte.
Zurück - gut wenn du meinst.
Oder erst noch überlegen - auch ok.
Es ist hübsch hier,
wir können ruhig noch ein wenig bleiben,
wenn du magst,
sieh dich um, lass dir Zeit
nein, es hat keine Eile
nur in diesem Leben
also in diesem Leben
würd ich schon gern noch ein Stück weitergehen.

Montag, 5. November 2007

Coming-Out-chen

Meine Güte, was hab ich getan? :-)

Gestern war ich auf einem Stammtisch, den ich gelegentlich besuche - und schon seit Tagen trug ich mich mit dem Gedanken dort mein erstes kleines Coming-out im weiteren Bekanntenkreis zu wagen. Ich mag die Menschen, sie sind nicht grundsätzlich in gesellschaftlichen Normen fest verhaftet, sondern das Denken in Bahnen außerhalb gewohnt. Diese Menschen sind mir ein Stück weit nah - wir teilen das Interesse am Stammtischthema - und sie sind mir ein Stück weit fern, weil mich ansonsten nicht viel mit ihnen verbindet. Diese Menschen sind von meiner Arbeit sehr weit weg - es gibt dort keine Überschneindungen.

Also nach ziemlich viel innerem Rumgedruckse hab ich dann in kleiner erlauchter (Raucher-)Runde, zum ersten Mal meinen Mann rausgelassen. Sozusagen den Schleier des Schweigens und Vertuschens gelüftet. Wie immer bei solchen Gelegenheiten zitterten meine Hände.
Es ging mir gut - ich habe die richtigen Bekannten, ein Teil kannte eine Transfrau, hat sich also mit der Thematik schon mal auseinandergesetzt. Nach meinem (neuen) Namen wurde gefragt - und "ob mit allem?" (Hormone/OPs). Und es fiel der Satzt: "Als mal so unter uns Männern ..." Es war der richtige Rahmen. Menschen die fragten, ob es dann also ok sei, wenn sie beim nächten mal meinen neuen Namen benutzen, die lächelten und sagten es sei gut wenn ich meinen Weg gefunden habe. Puh. Vor was hab ich eigentlich Angst gehabt?

Danach ging es mir gut, aber auch ein wenig seltsam, so als hätte ich eine Tür hinter mir zugemacht und den Blick nach vorne gerichtet, auf den Weg der vor mir liegt. Das macht ein wenig Angst - aber es macht auch ein sehr gutes Gefühl.