Dienstag, 19. Juni 2007

42-1

Heute ist mein 41. Geburtstag. Irgendwie war es kein Tag der sich wie Geburtstag anfühlte, sondern ein ganz normaler Tag. Ich war einkaufen und hab Zeit vergammelt, ein Mittagschläfchen gehalten.
Meine Tochter fragte mich heute abend, ob nicht irgendwas machen wolle - essen gehen zum Beispiel. Sie fand es schade, dass mein Geburtstag einfach so wie ein normaler Tag vorüberging.
Ich hatte keine Lust und keinen Hunger, aber wir waren dann noch einkaufen und haben lecker Salat gemacht und ofenfrisches Baguette gekauft und auf dem Balkon zu netter Musik ganz gemütlich gegessen und ein Glas Wein getrunken.

Erst später kamen wir auf das Thema das mich unablässig beschäftigt. Sie kann es nicht verstehen, Frau sein sei so toll. Ich hätte ihr immer mal wieder vermittelt als Frau habe man es schwer (mea culpa!) aber sie hat beschlossen, dass das gar nicht so ist. Sie erzählte von wunderschönen Momenten in denen sie sich selbst so wunderbar fühlt, und meine Augen füllten sich mit Tränen. Wir haben lange geredet - und ja, sie darf es schade finden - doch für mich bleibt nur, dass ich keine Lust mehr habe auf dieses anstrengende, mühsame, immer kämpferische Dasein. Ich habe es satt.

Wir haben über meine Kleider gesprochen, die ich mir gekauft habe in der festen Absicht mich fraulich zu kleiden und über die Mühsal, die dies immer wieder für mich bedeutete. Darüber, dass ich den Kompromiss suchte an den Tagen, an denen ich ohne Dienstkleidung Bürotage auf Arbeit verbringe, den Kompromiss zwischen dem eigenen Wohlfühlen und den vermeintlichen Ansprüchen der anderen an mich. Sie meinte, dass sie im Nachhinein vielleicht nicht meine Kleider an sich gestört hätten, sondern eben dieses Mischmasch aus Sein und Schein.
Ich habe ihr gesagt, dass ich mir zum ersten Mal wieder vorstellen kann die Haare nicht raspelkurz zu haben - und sie meinte sie hätte Ideen.... na denn... und ich solle mir einen Anzug kaufen... wenn schon dann richtig. Sie hat Erfahrung im Anzug kaufen, sie hat Freunde immer mal wieder begleitet und macht gern die Einkaufsberaterin.

Insgesamt kann sie überhaupt nicht nachvollziehen, was in mir vorgeht und ich kann ihre Traurigkeit darüber, dass ich (dass jemand) sich so nicht in sich wohlfühlen kann auch einfach stehen lassen. Ich hab ihr gesagt, dass ich so froh bin, dass sie so gerne Frau ist - dass ich mich daran freuen kann sie zu sehen in ihrer natürlichen Selbstverständlichkeit - und dass ich sie immer gleich lieb haben werde. Sie bleibt meine Tochter - ich habe sie unter meinem Herzen getragen.

Wenn ich an sie denke, dann tut es mir weh, dass ich es nie erleben konnte, dieses Gefühl richtig zu sein. Als offensichtliche Frau fühlte ich mich nicht richtig - als männlich gekleidete Frau hatte ich den Eindruck, dass von außen Kritik kommt und dies nicht akzeptiert ist und dies wiederum beeinträchtigte mein Gefühl zu sein. Spießrutenlaufen - so oder so. Ob es wohl darauf hinausläuft, dass ich mich entschließe meine nächsten 41 Jahre (wenn es denn soviele werden) als Mann zu leben?
Mein männliches Gefühl, wenn ich es mitnehme nach draussen macht mich sicherer als ich mich all die Jahre fühlte, sogar obwohl es mir niemand ansieht und jeder eine Frau sehen wird, dem ich begegne.

Vielleicht ist das die erste Option, äußerlich zu dem zu stehen was meinem inneren Gefühl entspricht, weitere Schritte ergeben sich dann von selbst, wenn ich denke noch nicht angekommen zu sein.

Nächstes Jahr um diese Zeit hab ich dann vielleicht schon die Antwort auf alle Fragen: 42

Freitag, 8. Juni 2007

Neuland

A. war zu Besuch - unangemeldet - und eigentlich in meinem gerade herrschenden Chaos - innerlich wie äußerlich - ganz unpassend. Ich wollte zumindest das äußerliche Chaos gerade ein wenig in Ordnung bringen.
Also hab ichs gelassen, das aufräumen und putzen und wir haben ein wenig geredet. A. war schon immer eine gute Sparringspartnerin für unausgegorene Gedanken, Bedenken und Fragen. Ich hab erzählt von meinem Chaos - dem inneren - und meiner Ungeduld und meinen widerstreitenden Gefühlen und von meinen Gedankenspielen, dem "was-wäre-wenn". Da grinst sie mich an und meinte das höre sich so gar nicht nach "mal langsam machen" an - sondern ich hätte mir ja schon richtig konkrete Gedanken gemacht.

Dieser Satz wirkte nach - auch am nächsten Tag noch - und ich startete diesen Tag mit einem sehr guten und gar nicht weiblichen Gefühl. Es fühlte sich gut an.
Und am Ende des Tages bahnte sich die Frage an, ob ich wirklich erst 5 Jahre konkret mit meinen Gedanken "schwanger" gehen muss oder ob ich auch mal schneller zu einer Entscheidung finden darf. Wäre ja mal was neues.

Der Gedanke fühlt sich gar nicht so schlecht an - und heute schlich sich die Idee in meinen Kopf, dass ich ja dann nächstes Jahr zu meinem Geburtstag mal wieder eine "Two-in-One"-Party schmeißen könnte. 42. und 1. Geburtstag oder so. Das wiederum wäre gar keine so schlechte Idee.

Mal schaun, ob sich das gute Gefühl soweit hält, dass ich ein paar Nägel mit Köpfen machen kann und will, erste Schritte in ein sehr ungewisses aber verheißungsvolle Neuland.

Montag, 4. Juni 2007

Niemandsland

Frust! Ja, ich bin gefrustet und zwar nicht nur ein bißchen.

Jetzt hatte ich jahrelang an meinem Selbstverständnis als Frau gearbeitet, geackert. Wenn mich jemand fragte hab ich meine "männlichen" Anteile verteidigt, ich hab mir hohe Schuhe gekauft und Kleider, Bügel-BHs und enge weibliche Shirts. Ich hab mich betrachtet, mich bemüht mich damit abzufinden. Die Errungenschaften dieser Bemühungen hängen schlaff im Schrank und dümpeln im Schuhregal.

Und ich sagte: Als Kind wär ich lieber ein Junge gewesen - lange Zeit, aber jetzt, jetzt bin ich Frau. Und dann kommt da so ein blöder Bericht im Fernsehen und wirft einfach diese jahrelange Arbeit über den Haufen - einfach so in ein paar Minuten. Und ich stelle alles, aber wirklich alles in Frage. Die Hins- und Hers begleiten mich täglich - kein Tag Ruhe. Kein Tag selbstverständlich.

Im Körper zuhause fühlen, ist schließlich der einzige den ich hab - und das schon seit fast 41 Jahren, da kann man sich schon zuhause fühlen. In den Spiegel schauen und der lobt oder kritisiert nach Lust und Laune - suggeriert und dementiert gerade so wie es ihm passt.

"Unter uns Frauen mal gesagt..." - ich sitz mit Kolleginnen zusammen - unter UNS Frauen? Ja und nein - auf jeden Fall nicht richtig. Mich ärgern ihre Pauschalisierung der Männer - und doch haben sie in vielem recht. "Frauen können dieses und jenes besser/schlechter/anders...." sagt der Kollege - mich ärgert die Pauschalisierung - ich will mich nicht angesprochen fühlen, und fühle mich angegriffen. Ich bin XX-begent - ich werde als Frau wahrgenommen und doch fühle ich mich diesen 50% der Menschheit nur teilweise verbunden. Aber ist der Umkehrschluss Männlichkeit? Bin ich "männlich" nur weil ich mich dem Denken von Männern oft näher fühle - weil mein Bild von mir selbst männlicher ist als das was der Spiegel bereit ist mir zu zeigen?

Dann hab ich Lust den ganzen Krempel über Bord zu werfen - und da das Äußere nicht so einfach zu ändern ist einfach das Innere anzupassen. Man nehme: Einen Radiergummi und radiere sie einfach aus, die Empfindungen die nicht zum Äußeren passen, die Gefühle die sich nicht fügen wollen ins Spiegelbild, die Sehnsüchte die sich nicht erfüllen lassen....

Träum weiter!

Dann anders? Veränderung langsam und mit Zeit - Zeit lassen - es kotzt mich an. Alles nichts halbes und nichts ganzes und ich sitz dazwischen gehöre weder zu dein einen noch zu den anderen. Überall falsch! In mir selbst falsch - NIEMANDSLAND - nicht mal meine Heimat.

Es ist zu spät - ich hab die Augen schon aufgemacht - dieses Thema lässt sich nicht mehr unter den Teppich kehren - die Scheuklappen sind runter und jetzt stehen sie da die Zeichen an der Wand - in leuchtender Schrift und unübersehbar. Augen zu und durch hilft nicht im mindesten weiter.

Jetzt muss ich mich damit auseinandersetzten - wer weiß wie lange. Ich habe Angst gar nie zu einem (Ent)-Schluss zu kommen - Angst davor mich im Niemandsland einrichten zu müssen. Als ob das Leben nicht auch so schon kompliziert genug wäre.

genervt
ruhelos
rastlos

re-laxed

Sonntag, 3. Juni 2007

S.


Du,

warst nicht wirklich ein Teil meines Lebens
und doch warst du da
so selbstverständlich.

Du

warst nur zu Besuch
vielleicht nicht nur in meiner Wohnung
sondern auch im Leben.

Du

warst präsent, vorhanden, klar
witzig, intelligent und sympathisch
einfach so zum mögen

Dich

hab ich kaum gekannt,
doch gemocht hab ich dich trotzdem
sofort und intuitiv

Dich

hat sie mehr geliebt als jeden andern Menschen
wenn auch nicht so
wie du es dir wünschtest

Du

musstest trotzdem gehen
und nicht deshalb
es ist gut das zu wissen

Dich

vermisse ich mehr
als ich dachte dass es möglich wäre
--------

Wortlos
Tränenreich
Schmerzhaft

Dich

will ich erwachsen sein lassen
gehen lassen auch wenns mich zerreist

Du

hast dich entschieden

Ich

muss das aktzeptieren.


Ich wünsch es dir, dass du von der Dunkelheit ins Licht treten konnest
(Manowar - I believe)